Zusammenfassung
Dieser Artikel wurde inspiriert durch die mathematische Herangehensweise einer der vermutlich bekanntesten Trader des frühen 20. Jahrhunderts, William Delbert Gann, in der Literatur oft nur mit W.D. Gann bezeichnet. Der amerikanische Börsenhändler und Analyst wurde am 6. Juni 1878 geboren und verstarb am 18. Juni 1955.
Gann erlangte Bekanntheit durch seine Arbeit im Bereich der technischen Analyse und seiner innovative Herangehensweise an die Finanzmärkte. Er entwickelte zahlreiche Handelsmethoden und -techniken, deren Ansätze oft auf mathematischen Formeln, geometrischen Konzepten und astrologischen Prinzipien basierten.
Insbesondere seine spektakulären Vorhersagen von Marktzyklen und Kursbewegungen machten ihn Bekannt.Inhaltsverzeichnis
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Ganns Marktprognosen
Eine der prägnantesten und öffentlich zugänglichen Aufzeichnungen über Ganns Marktprognosen ist ein Artikel von Richard D. Wyckoff vom Dezember 1909. Der Artikel wurde in Band 5 (Nummer 2) des „Ticker and Investment Digest“-Magazin veröffentlicht, einer sehr einflussreichen Börsenpublikation jener Zeit.
Die Publikation kann online kostenlos eingesehen werden und ist zu finden unter: Ticker and Investment Digest
Der Artikel berichtet davon, dass die Publikation sehr viel Aufmerksamkeit erhielt, weil sie zuvor bereits Prognosen von Gann veröffentlicht hat, bei denen er für verschiedene Aktien und Rohstoffe vorab genaue Kursziele prognostiziert hat.
Im weiteren Verlauf des Artikels wird ein Interview mit Gann veröffentlicht, in dem ein Einblick in die allgemeinen Methoden der Marktanalyse von Gann gewährt wird.
Später im Artikel berichtet Wyckoff über die Erkenntnisse von William E. Gilley, der hinzugezogen wurde, um Gann´s Handels-Methoden zu bestätigen.
Gilley war ein Inspektor für Importe in New York mit 25 Jahren Erfahrung in den Märkten. Er überwachte Gann´s Transaktionen im Oktober 1909 über 25 Handelstage. In dieser Zeit führte Gann 286 Transaktionen, sowohl Long als auch Short, in verschiedenen Märkten durch. 264 dieser Transaktionen resultierten in einem Gewinn und 22 in einem Verlust, was einer Erfolgsquote von 92 Prozent entspricht!
Das eingesetzte Kapital hat er in diesem Zeitraum 10-mal verdoppelt.
Gilley berichtet im Artikel von einzelnen Transaktionen, die Gann in dieser Zeit durchgeführt hat.
Als eine der der erstaunlichsten Transaktionen führt er einen Handel im Weizen an. Gann sagte voraus, dass Weizen im September zu 1,20 $ verkauft werden würde. Das bedeutete, dass er diesen Wert vor Ende des Monats September erreichen musste. Um 12 Uhr am 30. September wurde die Option unter 1,08 $ verkauft, und es sah so aus, als ob sich seine Vorhersage nicht erfüllen würde.
Gann sagte:
"Wenn sie bis zum Börsenschluss nicht 1,20 $ erreicht, beweist das, dass mit meiner gesamten Berechnungsmethode etwas nicht stimmt. Es ist mir egal, wie hoch der Preis jetzt ist, er muss dorthin gehen."
W.D: Gann
Der September-Weizen überraschte, indem er in der allerletzten Stunde des Handels zu 1,20 $ und nicht höher verkauft wurde und bei diesem Wert schloss.
Das Interview
Bestandteil des Artikels im "Ticker and Investment Digest"-Magazin war auch ein Interview, in dem Gann einen Einblick in seine Trading-Methoden gewährt.
Er berichtet, dass er in seinen Anfängen tausende Dollar verloren hat, bis er realisierte, dass alle erfolgreichen Menschen, ob Ärzte, Anwälte oder Wissenschaftler, zunächst viele Jahre in ihre Ausbildung investierten, bevor sie mit ihrem Beruf Geld verdient haben.
Auf Grund seiner Tätigkeit als Broker hatte er Einblick in die Konten anderer Trader und stellte fest, dass über 90 Prozent, die ohne fundiertes Wissen handelten, am Ende verloren haben.
Er bemerkte, dass Aktien und Rohstoffe periodisch stiegen und fielen, was ihn darauf schließen ließ, dass die Bewegungen in den Märkten auf ein natürliches Gesetz zurückzuführen sind.
Daraufhin entschied er sich, die folgenden 10 Jahre dem Studium der natürlichen Gesetze und der Wissenschaft zu widmen. Er fand heraus, dass das „Gesetz der Vibrationen“ ihn dazu befähigt, die exakten Punkte zu bestimmen, an denen Aktien und Rohstoffe, für eine bestimmte Zeit, steigen oder fallen sollten.
Er führt weiter aus, dass es unmöglich ist, im Detail zu erläutern, wie er das Gesetz der Vibration auf die Märkte anwendet, gibt aber an, dass es das fundamentale Gesetz ist, auf dem Erfindungen wie kabellose Telegraphie, kabellose Telefone und Schallplattenspieler basieren.
Ohne die Existenz des Gesetzes der Vibration wären diese Erfindungen nicht möglich gewesen.
Indem er die exakte Vibration jeder individuellen Aktie kennt, ist er im Stande die genauen Unterstützungen und Wiederstände, für die jeweilige Aktie zu ermitteln.
Gann führt weiter aus:
Aus meinen umfangreichen Untersuchungen, Studien und angewandten Tests geht hervor, dass nicht nur die verschiedenen Aktien schwingen, sondern dass auch die treibenden Kräfte, die die Aktien steuern, in einem Zustand der Vibration sind. Diese Schwingungskräfte lassen sich nur an den Bewegungen erkennen, die sie auf die Aktien und ihre Werte auf dem Markt ausüben.
Ein berühmter Wissenschaftler hat erklärt, dass wir zu der Überzeugung gelangt sind, dass die Vielfalt der phänomenalen Natur in ihren verschiedenen Bereichen, eng mit nummerischen Beziehungen verbunden sind. Die Zahlen sind nicht chaotisch und zufällig vermischt, sondern unterliegen einer regelmäßigen Periodizität. Man sieht auch, dass die Veränderungen und Entwicklungen in vielen Fällen wellenförmig sind.
Daher behaupte ich, dass jede Klasse von Phänomenen, ob in der Natur oder an der Börse, dem universellen Gesetz der Kausalität und Harmonie unterworfen sein muss. Jede Wirkung muss eine angemessene Ursache haben. Wenn wir das Scheitern von Spekulationen verhindern wollen, müssen wir uns mit den Ursachen befassen. Alles, was existiert, basiert auf exakten Proportionen und perfekten Beziehungen. In der Natur gibt es keinen Zufall, denn die Grundlage aller Dinge sind mathematische Prinzipien von höchster Ordnung.
Schwingungen sind grundlegend. Nichts ist von diesem Gesetz ausgenommen. Es ist universell und daher auf jede Klasse von Phänomenen auf dem Globus anwendbar. Durch das Gesetz der Vibration bewegt sich jede Aktie auf dem Markt in ihrem eigenen, unverwechselbaren Wirkungskreis, was Intensität, Volumen und Richtung betrifft. Alle wesentlichen Eigenschaften ihrer Entwicklung sind durch ihre eigene Vibrationsrate gekennzeichnet.
Aktien sind wie Atome in Wirklichkeit Energiezentren und werden daher mathematisch gesteuert. Aktien schaffen ihr eigenes Aktionsfeld und ihre eigene Kraft. Die Kraft, anzuziehen und abzustoßen, und dieses Prinzip erklärt, warum bestimmte Aktien zu bestimmten Zeiten den Markt anführen und zu anderen Zeiten "tot sind". Um wissenschaftlich zu spekulieren, ist es also absolut notwendig, dem Naturgesetz zu folgen.
Nach jahrelangem geduldigem Studium habe ich zu meiner vollsten Zufriedenheit bewiesen und auch anderen gezeigt, dass die Vibration jede mögliche Phase und jeden Zustand des Marktes erklärt.
W.D.Gann
Zusammenfassung
Gann erkannte nach anfänglichen Verlusten, dass erfolgreiches Trading auf fundiertem Wissen basiert.
Als Broker stellte er fest, dass über 90 Prozent der Trader ohne solides Wissen Verluste erlitten. Durch die Beobachtung von periodischen Schwankungen in Aktien und Rohstoffen glaubte Gann an ein naturgesetzliches Prinzip hinter den Marktreaktionen.
Gann widmete daraufhin 10 Jahre dem Studium der Naturgesetze und entdeckte das "Gesetz der Vibration". Dieses Gesetz ermöglichte es ihm, genaue Punkte vorherzusagen, an denen Aktien und Rohstoffe steigen oder fallen sollten. Obwohl er nicht im Detail erklärte, wie er das Gesetz anwendet, betonte er dessen fundamentale Rolle in Erfindungen wie kabelloser Telegraphie und Telefonie.
Gann behauptete, dass die genaue Kenntnis der Vibration jeder Aktie es ihm ermöglichte, präzise Unterstützungen und Widerstände zu identifizieren. Seine Untersuchungen zeigten, dass nicht nur Aktien, sondern auch die treibenden Kräfte hinter ihnen in einem Zustand der Vibration sind. Er argumentierte, dass numerische Beziehungen und regelmäßige Periodizität in Naturphänomenen und am Markt existieren.
Für Gann sind Schwingungen universell und auf jede Art von Phänomenen anwendbar. Das Gesetz der Vibration erklärt, dass Aktien wie Energiezentren mathematisch gesteuert werden und ihre eigene Kraft schaffen. Um erfolgreich zu spekulieren, sei es notwendig, diesem Naturgesetz zu folgen. Nach jahrelangem Studium behauptete er erfolgreich, dass das Gesetz der Vibration jede Phase und jeden Zustand des Marktes erklären könne.
Das Gesetz von Ursache und Wirkung
Das Gesetz von Ursache und Wirkung, auch als Kausalität bezeichnet, ist ein grundlegendes Prinzip in der Wissenschaft, das darauf hinweist, dass jedes Ereignis oder Phänomen eine Ursache hat, die wiederum zu einer bestimmten Wirkung führt. Dieses Prinzip ist von großer Bedeutung in verschiedenen wissenschaftlichen Bereichen.
Das Gesetz von Ursache und Wirkung kann in zwei Aussagen zusammengefasst werden:
- Für jede Wirkung muss es eine Ursache geben.
- Jede Ursache hat eine oder mehrere Wirkungen.
In der Physik ist das Gesetz von Ursache und Wirkung eng mit den Grundprinzipien der klassischen Mechanik verbunden, insbesondere mit den Newton'schen Gesetzen der Bewegung. Das dritte Newton'sche Gesetz besagt, dass auf jede Aktion eine gleich große, entgegengesetzte Reaktion erfolgt. Dieses Prinzip verdeutlicht die Kausalität in Bezug auf Kräfte und Bewegung.
Gann`s Grundlagen
Wenn man sich mit Gann`s Publikationen beschäftigt, stellt man sehr schnell fest, dass für ihn die Bibel einen starken Einfluss auf die Entwicklung seiner Handelsstrategien hatte.
Er beschreibt die Bibel mehrfach als das wichtigste Buch von allen und zitiert sehr häufig verschiedene Bibelverse.
Wahrscheinlich hat er in der Bibel die Grundlagen entdeckt, welche er mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und historischen Daten der Märkte kombiniert hat, um Einstiege und Kursziele zu definieren.
Einer der wesentlichen Bibelverse stammt aus dem Buch Prediger Kapitel 1 Vers 9:
Was ist’s, das geschehen ist? Eben das hernach geschehen wird. Was ist’s, das man getan hat? Eben das man hernach wieder tun wird; und geschieht nichts Neues unter der Sonne.
Lutherbibel 1912
Gann interpretierte diesen Vers scheinbar so, dass sich alles in Zyklen wiederholt und dieses Prinzip auf alles angewendet werden kann, auch auf Börsenkurse.
In seinem Buch "The Tunnel Thru the Air" erklärt der Protagonist der Geschichte, wie er seine Prognosen für die Börse oder jedes andere zukünftige Ereignis erstellt.
Sinngemäß wiedergegeben sucht er Aufzeichnungen über die Vergangenheit, im Falle eines Börsenmarktes historische Charts, analysiert die Zyklen der Vergangenheit und projiziert diese auf die Zukunft.
Er führt weiter aus:
dass die mathematische Wissenschaft, die einzige wirkliche Wissenschaft, auf die sich die gesamte zivilisierte Welt geeinigt hat, den untrüglichen Beweis dafür liefert, dass sich die Geschichte wiederholt, und zeigt, dass die Zyklustheorie oder die harmonische Analyse das Einzige ist, worauf wir uns verlassen können, um die Zukunft zu bestimmen.
Bei der Vorhersage künftiger Zyklen ist es, am wichtigsten, richtig zu beginnen, denn wenn wir den richtigen Anfang haben, werden wir auch das richtige Ende bekommen. Wenn wir die Ursache der Wirkung kennen, dann kann es keinen Zweifel an der Vorhersage des zukünftigen Ereignisses oder der Wirkung geben.
Ich habe immer nach Ursachen gesucht, und wenn ich einmal eine Ursache festgestellt habe, kann ich mir der Wirkung oder des zukünftigen Ereignisses, das ich vorhersage, immer sicher sein.
Die Zeit ist der große Faktor, der alle Dinge beweist. Die Messung der Zeit hat ihren Ursprung und basiert auf der Bewegung der Erde um ihre Achse. Einer der kleinsten Zyklen oder Zeitfaktoren, der sich bei Dingen, die sehr aktiv sind und eine hohe Schwingung haben, regelmäßig wiederholt, ist der Vier-Minuten-Zyklus. Der Grund dafür ist, dass sich die Erde alle vier Minuten um ein Grad bewegt. Der nächste Zyklus beträgt 24 Stunden, die gesamte Zeit, die die Erde für eine Umdrehung um ihre Achse benötigt. So hat der Mensch seinen Tageszyklus gemessen. Der nächste wichtige Zyklus ist ein Jahr, die Zeit, die die Erde braucht, um sich um die Sonne zu bewegen. Daraus ergeben sich die vier Jahreszeiten des Jahres. Dies sind die kleineren Zyklen.
W.D.Gann
Erstes Buch Mose Kapitel 1 Vers 14 bis 18
Und Gott sprach: Es werden Lichter an der Feste des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht und geben Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre
und seien Lichter an der Feste des Himmels, daß sie scheinen auf Erden. Und es geschah also. Und Gott machte zwei große Lichter: ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch Sterne.
Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, daß sie schienen auf die Erde und den Tag und die Nacht regierten und schieden Licht und Finsternis. Und Gott sah, daß es gut war.
Lutherbibel 1912
Matthäus 16 Vers 3
und des Morgens sprecht ihr: Es wird heute Ungewitter sein, denn der Himmel ist rot und trübe. Ihr Heuchler! über des Himmels Gestalt könnt ihr urteilen; könnt ihr denn nicht auch über die Zeichen dieser Zeit urteilen?
Lutherbibel 1912
Gann interpretierte diese Verse vermutlich so, dass sich Zeichen der Zeit aus den "Lichtern an der Feste des Himmels" ablesen lassen, also an den Sternen und den Planeten, sowie deren Bewegung und Rotation.
Ob man diesen Ansatz als Astrologie oder Astronomie klassifiziert bleibt jedem selbst überlassen. Astrologie wird von der wissenschaftlichen Gemeinschaft nicht als wissenschaftlich anerkannt betrachtet, da ihre Grundlagen nicht auf empirischen Beweisen basieren.
Aus der Astronomie hingegen wissen wir, dass die Gravitationskraft des Mondes auf die Erde wirkt, insbesondere auf die Wassermassen in den Ozeanen. Diese Gravitationskräfte verursachen die Gezeiten.
Wir wissen ebenfalls, dass die Erde die Sonne umkreist, und dafür 365,25636 Tage benötigt. Außerdem dreht sich die Erde innerhalb von 24 Stunden einmal um die eigene Achse. Wir kennen auch die genauen Zeiten, die andere Planeten benötigen, um die Sonne zu umkreisen.
Die Liste der wissenschaftlich anerkannten Astronomischen Erkenntnisse ist sehr lang und soll an dieser Stelle nicht unnötig weiter ausgeführt werden.
Fest steht jedoch, dass die Bewegung der Erde den Zyklus der Jahreszeiten steuert, der Mond für die Gezeiten verantwortlich ist und die Drehung der Erde zum Tag-Nacht Zyklus führt.
Warum sollten nicht auch andere Planeten einen Einfluss auf Zyklen haben.
Neben den Zyklen, die sich, nach Annahme von Gann, aus der Vergangenheit ablesen und auf die Zukunft projizieren lassen, waren weitere Ansätze die Geometrie und die Mathematik.
Bewegung nach Maß
Ein Trend baut sich aus Bewegung und Korrektur auf. Häufig sind in einem Trend die Bewegungsarme von gleicher oder ähnlicher Intensität und Dauer.
Die folgende Abbildung zeigt ein 4 Stunden Chart des EURUSD Paars.
Um den Bewegungsarm zu messen, wurde eine Trendlinie an das Tief und das Hoch der Bewegung angelegt.
In der folgenden Abbildung wurde die erstellte Trendlinie an den nächsten Bewegungsarm verschoben, und man kann erkennen, dass der folgende Bewegungsarm eine fast identische Intensität und Dauer aufweist.
Dieses Phänomen findet man in allen Märkten und kommt auch sehr häufig vor. Man kann diese Technik verwenden um mögliche Kursziele zu ermitteln.
Daraus kann man ableiten, dass jeder Trend seine eigene Dynamik hat, und über einen definierten Zeitrahmen eine bestimmte Preissteigerung, oder im Falle eines Abwärtstrends, einen bestimmten Preisverfall erreicht.